Route 66 • Durch Amerikas weiten Westen
Die Route 66 öffnete vor mehr als 80 Jahren den Westen Amerikas. Im westlichen Abschnitt, in Arizona und Kalifornien, durchquert Amerikas legendärer Highway einige seiner schönsten Kulissen. Landschaften, die aussehen, als hätte jemand einen Farbkübel über die Felsen gegossen.
Viele der Naturwunder liegen auf dem Gebiet von Indianer-Reservaten. Dem Stamm der "Laguna" gehört das Route 66-Spielcasino, eines von rund vierhundert Kasinos in den USA, das von Indianern betrieben wird. Ein Gesetzesprivileg, das Amerikas Ureinwohnern zum ersten mal eine Art Wohlstand verschafft, - vom Geld der Zocker entstehen Arbeitsplätze, Schulen, Krankenhäuser.
Die Hualapai-Indianer profitieren von der touristischen Wiederentdeckung der alten Route 66. Die Reste der einstigen "Hauptstraße Amerikas" streifen auch den "Grand Canyon", der seit jeher zu ihrem Stammesgebiet gehört. Jetzt bieten indianische Führer Rafting-Touren auf dem Wildwasser des Colorado-Flusses an, der sich mehr als 1000 Meter tief durch die Felswände dieser Schluchten zwängt.
Vor mehr als 9000 Jahren haben die Vorfahren dieser Stämme ihre Spuren auf der Farm des Ranchers Brantley Baird hinterlassen: Hunderte von Felszeichnungen mit Szenen aus dem Leben längst verschwundener Völker und Kulturen. Aber so lebendig und gut erhalten, als wären sie erst eben entstanden.
Erst mit Einbruch der Dunkelheit scheinen die tagsüber so trostlosen Ortschaften an der 66 erst zu erwachen. Dann werben bunte Neonlichter wie Filmkulissen aus den 50er Jahren für die erhalten gebliebenen alten Motels und "Diner"-Restaurants.
Die Kleinstadt Seligman in Arizona ist stolz darauf, dass Dank ihrer Bürgerinitiative die Reste der Route 66 zum nationalen Kulturdenkmal der USA, zum "Historic Highway" erklärt wurden. Das ist vor allem das Verdienst von Angel Degadillo, wie schon sein Vater der Barbier von Seligman. Fast neunzig ist er, und er wird nicht müde bei einer Rasur die Geschichte von der Rettung der Route 66 zu erzählen. Gleich nebenan betreibt Lilo Russell, die einst die Liebe zu einem GI aus Wiesbaden nach Arizona brachte, seit vielen Jahren den deutsch-amerikanischen Diner "Westside Cafe".
Kurvenreich windet sich die Route 66 als "Oatman Road" durch die Berge in Richtung Kalifornien. Dieses Stück des alten Highway (hier fast im Originalzustand!)nannte man früher die Straße der Goldminen. Jetzt kehren die Glücksritter zurück auf der Suche nach dem teuer gewordenen Edelmetall.
Die Unwirtlichkeit der Mojave-Wüste begleitet den letzten, oft bis zum Horizont schnurgeraden Abschnitt dieser 4000 Kilometer langen Strecke. Die meisten der Siedlungen an der Route 66 liegen verlassen in der brüllenden Hitze. Nur im Flecken Essex treffen wir noch auf einen Bewohner: Den Reifenhändler John R. Bentley, der die Stille der Wüste liebt und sich über jeden Besucher freut, auch wenn der nur für ein Schwätzchen anhält.
Nicht weit entfernt bereiten sich junge Marine-Infanteristen auf den Einsatz im Wüstenkrieg vor – der Truppenübungsplatz Twentynine-Palms liegt direkt neben der alten Route 66.
Nach Kalifornien, wo angeblich Milch und Honig fließt, zog es die Flüchtlingszüge der 30er Jahre: Eine Karawane des Elends auf der Route 66, der John Steinbeck in seinem Roman "Früchte des Zorns" ein Denkmal gestzt hat. Millionen Farmer, die in den Staubstürmen Oklahomas alles verloren hatten und an den Küsten des Pazifiks die Versprechungen des amerikanischen Traums suchten. Einer von ihnen war Earl Shelton, und er erzählt seine Geschichte der Route 66) stellvertretend für alle, die aus einer Straße Amerikas "Mother Road" machten.
Dann erreichen wir endlich die Küste des Pazifik, nach einer über 4000 Kilometer langen Reise. Der Pier von Santa Monica gilt offiziell als Endpunkt des Route 66, aber für uns war der Weg hierher das Ziel.