Die Große Flucht - verlorene Heimat
Sendetermin: 18. Dezember 2001 • 20.15 Uhr • ZDF
Buch und Regie: Peter Adler und Peter Hartl
Vertreibung aus dem Sudetenland
Eine ganze Region mit fast drei Millionen Bewohnern wird umgesiedelt - eine Völkerverschiebung, die gewohnte Dimensionen sprengt. Sie begann im Juni 1945 mit wilden, blutigen Exzessen und endete ein Jahr später als international überwachter »Abschub«.
Nach der systematischen Vertreibung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei wurden vielerorts verlassene Höfe, Dörfer, ja selbst Städte buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht. Mit den Häusern sollte gleichsam auch die Geschichte der Deutschen in Böhmen und Mähren getilgt werden. Der größte dieser geschleiften Orte hieß einmal Duppau - eine Kleinstadt mit 1600 Einwohnern, zwei Kirchen, einer Klosterschule und einem Schloss. Nur überwucherte Trümmer, ein verfallenes Lagerhaus und die einstige Grafengruft geben noch eine Ahnung davon. Mit ihrer Vertreibung haben die Sudetendeutschen aus Duppau alles verloren: ihre Heimat, ihren Besitz, oft auch vertraute Menschen. Geblieben ist ihnen nur die Erinnerung. An ihrem Beispiel erzählt der Film die Tragödie des Sudetenlands.
Sie beginnt nicht erst mit dem Ende des Kriegs. Nach Jahrhunderten eines wechselvollen Zusammenlebens von Tschechen und Deutschen auf böhmisch-mährischem Boden, zieht Hitler unter dem Jubel der deutschen Bewohner im Oktober 1938 als »Befreier« in das Sudetenland ein - Auftakt für die Zerschlagung der Tschechoslowakei, der Zerstörung ihrer Demokratie, der blutigen Unterwerfung ihrer tschechischen, slowakischen und jüdischen Bewohner.
Nach dem Ende des Kriegs richtet sich der Rachefeldzug einer gedemütigten Nation gegen die Deutschen im Land. Wie überall im Sudetenland errichten selbst ernannte tschechische Partisanen auch in Duppau ein brutales Terrorregiment. Mit weißen Armbinden als Deutsche gebrandmarkt, werden viele Duppauer im Juni '45 ihres Eigentums beraubt, manche Familien Hals über Kopf in Internierungslager, zur Zwangsarbeit oder über die Grenze getrieben - ungeachtet ihrer persönlichen Schuld. Für jene, die bleiben, fängt das Martyrium erst an. Ehemalige Lehrer, Parteifunktionäre, SS-Angehörige, aber auch Jugendliche, die man als Partisanen verdächtigt, werden im Keller der Klosterschule grausam gefoltert. Der Garten des Klosters wird zum Tatort für Hinrichtungskommandos, die täglich Inhaftierte ohne Urteil und Prozess erschießen.
So erleben es nicht wenige Sudetendeutsche - in Duppau und anderswo - geradezu wie eine Befreiung, als sie von 1946 an systematisch außer Landes deportiert werden. Viele ahnen nicht, dass die Reise für immer ohne Wiederkehr bleibt. Der Verlust der Heimat, der Abschied von einer in Jahrhunderten gewachsenen Kultur bleibt schmerzhaft im Bewusstsein, die Folgen sind bis heute spürbar.
Mit bewegenden Berichten deutscher wie tschechischer Augenzeugen des Geschehens, aber auch mit seltenen Filmaufnahmen jener Zeit der Vergeltung dokumentiert der Film die drastischen Nachwirkungen der deutschen Besatzungszeit im Sudetenland.