10. April 1982

Shegar

In Richtung Shegar (4300 m): Traditionelles Formationspflügen, ab und zu ein Traktor, wenig Menschen auf ausgedörrten Feldern. Wieder fast 300 km rüttelige Staubpiste durch eine wüstenähnliche Landschaft. Das Ganze auf der Ladefläche eines LKW. Bizarr das ausgedörrte Gebirge.

Auf einem Hügel, fast 200 Meter über dem Dorf: Das Kloster von Shegar. Hier können wir ungehindert durch die Ruinen wandern. Die zuvor geplünderte Kulturstätte wurde von den Roten Garden mit Dynamit, Artillerie und Bomben dem Erdboden gleichgemacht. Auch hier wurde eine bis heute nicht bekannte Zahl von Mönchen und Lamas, wie fast die gesamte Intelligenz des tibetischen Volkes, auf vielfältige Weise liquidiert.

Was müssen wohl die Tibeter dabei empfunden haben? Ein Gefühl der Befreiung vom feudalen Joch der adeligen Zwingburgen und Klöster, oder Trauer und Wut angesichts der Zerstörung ihres traditionellen religiösen und politischen Lebens, ihrer Welt? Wir können es nicht erfahren, niemand spricht hier eine Fremdsprache außer chinesisch. Die Kraxelei zwischen den Ruinen, in denen vor nicht mal einer Generation noch reges Leben herrschte, ist deprimierend. Irgendwie fühlen sich diese Trümmer noch warm an, es fehlt die Patina, das Moos etc., dass unsere Burgruinen so romantisch macht.

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